Wenn der Flug Verspätung hat – Fluggastrechte und wie man an seine Entschädigung kommt

Als Reiseblogger, Auswanderer und Weltreisender bin ich naturgemäß das eine oder andere Mal auch in der Luft unterwegs. Dabei kann es immer mal wieder vorkommen, dass nicht alles wie geplant funktioniert, sei es bei einer Flugverspätung, einem verpassten Anschluss oder einer Flug-Stornierung seitens der Airline. Sollte solch ein Fall auftreten, ist es wichtig (und bares Geld wert!), seine Rechte zu kennen. Die Zauberformel heißt „EU 261“ und obwohl auch meine Freunde und Familie ab und an im Flugzeug sitzen, wundert es mich, wie wenig nach wie vor darüber bekannt ist, obwohl diese Verordnung bereits seit 2005 in Kraft ist. Lest also im folgenden Artikel ein wenig mehr, wie ihr mit etwas Glück bei einer Flug-Verspätung sogar die kompletten Flugkosten erstattet bekommt und trotzdem fliegen könnt und an wen Ihr Euch in solch einem Fall wenden könnt.

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Was ist EU 261?

Bei der EU261/2004 handelt es sich um die Fluggast-Verordnung, die die Fluggastrechte bei Flugunregelmäßigkeiten regelt, 2004 verabschiedet wurde und seit 2005 in Kraft ist. Dabei wird unterschieden in die Ansprüche bei Nichtbeförderung aufgrund einer Flugstornierung oder die verspätete Beförderung, wobei das Resultat im Wesentlichen dasselbe ist, weswegen ich hier die Informationen nur etwas vereinfacht darstellen möchte.

Grundsätzlich hat der Reisende Anspruch, zu der Zeit und an dem Tag zu fliegen, an dem er auch gebucht hat. Entsprechende Abweichungen müssen von der Airline mindestens 14 Tage im Voraus kommuniziert werden, ansonsten hat man als Passagier der Airline Anspruch auf Entschädigung, insofern keine höhere Gewalt die Umstände entschuldigt.

Neben Leistungen wie Betreuung am Flughafen, Ersatzbeförderung und Recht auf Stornierung bei großer Verspätung ist das wichtigste (und den meisten Leuten unbekannteste) die Entschädigung, die die Airline bei Flugunregelmäßigkeiten zahlen muss. Diese staffelt sich nach Entfernung und sieht wie folgt aus:

– 250 € für eine Flugstrecke bis zu 1500 km
– 400 € für eine Flugstrecke zwischen 1500 und 3500 km
– 600 € bei Flugstrecken von mehr als 3500 km

Wichtig: all diese Regeln greifen nur, wenn mindestens der Start- oder der Zielflughafen innerhalb der EU liegen (egal ob europäische Airline oder nicht). Zudem ist höhere Gewalt bei der EU261/2004 ausgeschlossen, so zum Beispiel Streik oder unvorhersehbares Winterwetter.

Ausführlichere Informationen zur EU261/2004 Fluggastrechte-Verordnung findet Ihr zum Beispiel bei Wikipedia, für tiefer gehendes Wissen könnt Ihr auch die dortigen Quellen nutzen.

Anspruch auf die genannte Entschädigung hat man als Passagier, wenn der Flug mehr als 3 Stunden später am Zielort ankommt. Dies gilt auch bei einer zum Beispiel nur 60 minütigen Verspätung am Abflugort, wenn dadurch der Anschlussflug verpasst wird und man aus diesem Grund mehr als 3 Stunden später an seinem Ziel ankommt. Ebenso gilt es, wenn die Airline innerhalb von 14 Tagen vor Abflug die Abflugzeit entsprechend verschiebt (oder den Flug annulliert) und man dadurch mehr als 3 Stunden später die Destination erreicht.

Verspätung beim Flug mit Eurowings von Punta Cana nach Köln-Bonn

Wie kann ich diese Ansprüche geltend machen?

Wie könnt Ihr nun aber von diesen Regeln profitieren, schließlich sind Airlines nicht unbedingt als die kundenfreundlichsten Unternehmen bekannt. Offiziell reicht es, wenn Ihr der Ticket ausstellenden Airline einen Brief mit den Forderungen gemäß der Fluggastrechte EU261/2004 schreibt und darin bei Angabe Eurer Kontoverbindung die Überweisung der Entschädigung verlangt. Bei einigen Fluggesellschaften klappt dies auch problemlos, jedoch liegen bei anderen Airlines (geschätzt die Mehrzahl der Fluggesellschaften) große Unterschiede zwischen Recht haben und Recht bekommen.

Auch aus diesem Grund sind in den letzten Jahren zahlreiche Portale gestartet, die sich genau um die Eintreibung dieser Entschädigungs-Zahlungen kümmern. Dank deren Expertise und bedingungslosen Vorgehen bis vor Gericht gegen die Airlines können sie lt. Eigenwerbung über 95% der Fälle gewinnen und somit den Kunden entschädigen.

Zu diesen Portalen gehören u.a. Flightright und AirHelp. Diese klären nicht nur über die Rechte im Fall einer Flugverspätung auf, sondern übernehmen auch direkt die Ansprüche des Reisenden und verklagen notfalls auch die Airline.

Der Vorteil ist klar: man kann sich den ganzen Papierkram sparen, muss der Airlines keine Klagedrohungen schicken und hat auch absolut null Kosten für Anwälte & Co.. Ganz im Gegenteil, man gibt einfach seine Flug-Informationen online an und sieht bereits sofort, wie die Aussichten auf Erstattung stehen. Gerade wer keinen guten Reiserechtsanwalt zur Seite hat, ist so auf der sicheren Seite und hat absolut null Risiko. Da kann man dann auch die Provision von 20% bis 30% verschmerzen, die zum Beispiel AirHelp oder Flightright (und auch die anderen Fluggastrecht-Portale) im Erfolgsfall nimmt, denn die Auszahlung der Entschädigung ist garantiert, insofern Anspruch besteht.

Wenn man es gut anstellt, kann man so sogar seine Urlaubsreise finanzieren. Bei Flugpreisen in Europa von sehr oft unter 100 €, erhält man bei einer entsprechenden Verspätung 250 € zurück. Bei einem Langstreckenflug, die es gerade in Richtung USA derzeit schon ab 200 € one-way gibt, sind 600 € Entschädigung fällig – und das pro Person wohlgemerkt. Eine Flugverspätung kann also in diesen Fällen gar nicht mal so schlecht sein … ;-)

Ein Flugzeug von Air Canada Rouge am Flughafen von Toronto

Meine Erfahrungen mit Flightright und meine bisherigen Flugverspätungen

Ich muss zugeben, auch ich schiele ab und zu auf die magische 3-Stunden-Marke, sobald sich eine Verspätung ankündigt, denn gerade bei meinen Langstreckenflügen in oder aus der Karibik nach Europa sind 600 € schon ein ordentliches Taschengeld – und selbst 450 € wären es noch, zieht man die Kommission für die Fluggastrecht-Portale ab.

„Leider“ konnte ich bisher noch nie auf die Entschädigung zurückgreifen. Dennoch benutzte ich einmal bereits die Website von Flightright, als mein Zubringerflug von Dresden nach Frankfurt durch Lufthansa gestrichen wurde, ich dadurch meinen Anschluss verpasste und so erst rund 24 Stunden später in der Dominikanischen Republik ankam. Leider war die Flugstornierung auf unvorhersehbares Winterwetter zurückzuführen, weswegen mir die Flightright-Website sofort signalisierte, dass ein Antrag nicht erfolgversprechend sei. Schade, aber immerhin konnte ich mir so Arbeit und (hätte ich selbst bei der Airline Entschädigung verlangt) Geld ersparen. Die ganze Geschichte zu dieser unrühmlichen Posse von Lufthansa und Condor, wo ich aufgrund deren kundenfeindlichem Verhalten fast gestrandet wäre, könnt Ihr übrigens hier nachlesen. Für die Stunden in der Warteschleife der Hotline sowie den Schlangen am Flughafen hätte ich eigentlich eine Entschädigung verdient gehabt. ;-)

Bei meinen anderen knapp 400 Flügen hatte ich bisher zum Glück keine größeren Probleme, ausgenommen einige Flüge in den 90ern als Kind, wo es aber diese Art von Fluggastrechten noch nicht gab.
Ein Flug von Bangkok nach Taiwan im Jahr 2014 wurde mir durch Tigerair mal gestrichen (mit Weiterbeförderung rund 24 Stunden später) – allerdings greift hier die Fluggastrechte-Verordnung nicht, da der komplette Flug außerhalb der EU stattfand. Übrigens kümmerte sich Tigerair damals vorbildlich und stellte Transfers, eine Hotelübernachtung und Essensgutscheine bereit.
Auch ein Flug mit Liat von Grenada nach Trinidad wurde mir einmal 7 Tage vor Abreise gestrichen und wäre damit entschädigungspflichtig gewesen, wenn denn der Flug in der Europäischen Union stattgefunden hätte.

Eine Jetairfly-Maschine auf dem Flughafen von Santo Domingo

Update: Meine Flüge bis ins Jahr 2023 und meine Erfahrungen mit AirHelp

In den letzten Jahren seit der ursprünglichen Veröffentlichung dieses Artikels hat sich in Sachen Fluggastrechte nicht viel getan – im positiven Sinne. Passagieren steht auch im Jahr 2023 eine Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro zu, sollte ein Flug kurzfristig storniert werden oder mehr als 3 Stunden Verspätung haben – siehe den Ausführungen weiter oben. Dies stellt weiterhin eine sehr starke Stellung des Passagiers dar, denn somit ist es auch möglich, nur mit einem Ryanair-Flugticket für 20 Euro einen Entschädigung von 250 Euro zu erhalten.

Mittlerweile gibt es weitere Portale, die Passagieren bei der Wahrnehmung der Fluggastrechte (~) helfen, darunter AirHelp. Die Website ist sehr aufgeräumt dargestellt und vermittelt eine Vielzahl von Unterstützungs-Leistungen, wenn man Probleme mit Fluggesellschaften hat. Denn auch Jahre nach dem Inkrafttreten der EU261/2004 zeigen sich die Airlines oft unkooperativ, sodass der Klageweg bei Flugverspätungen die einzige Möglichkeit ist. Dieser wiederum ist mit Hilfe der genannten Portale wesentlich einfacher als in Eigenregie. Hierbei kann AirHelp helfen.

Der Benito Juarez International Airport in Mexico City

Meine Erfahrungen der letzten Jahren sind jedoch überwiegend von pünktlichen Flügen geprägt. Man merkt schon, dass vor allem bei den betroffenen Flügen innerhalb oder von und in die Europäische Union, wo EU261/2004 greift, große Sorgfalt herrscht, sodass keine Entschädigungsansprüche entstehen. Seit der ursprünglichen Veröffentlichung dieses Artikels über die Entschädigung bei Flugverspätungen saß ich immerhin rund 70x im Flugzeug. Von diesen 70 Flügen hatten rund 20% eine Verspätung von im Schnitt 60 Minuten, die größte Verspätung erlebten wir kürzlich auf unserem Flug von Sansibar nach Daressalam in Tansania mit rund 2.5 Stunden. Davon abgesehen, dass wir auch hier unter der „magischen“ 3-Stunden Marke blieben, wäre dieser Flug ohnehin nicht für eine Entschädigung nach den Fluggastrechten EU261/2004 in Frage gekommen, da er komplett außerhalb der Europäischen Union stattfand.

Von den genannten 14 Flügen mit Verspätung (20% von 70) seit 2019 fanden ohnehin nur 5 mit Berührung der Europäischen Union statt. Die höchste Flugverspätung wies unser Eurowings-Flug von Frankfurt nach Punta Cana auf. Auch diese hielt sich mit 75 Minuten jedoch noch im Rahmen.

Kleiner Fun Fact am Rande: einer der verspäteten Flüge startete auch in Guadeloupe. Obwohl es sich hierbei nicht um das Kerngebiet der Europäischen Union handelt, hätte es hierfür eine Entschädigung für einen verspäteten Flug geben müssen, da die französischen Karibik-Inseln eben doch zur Europäischen Union gehören. Allerdings erreichten wir auch hier bei weitem nicht die 3-Stunden-Marke.

Fazit

„Wenn ein Flug Verspätung hat“, so die Überschrift dieses Blogposts, sollte man seine Rechte genau kennen. Viele Reisende wissen meiner Meinung nach gar nicht, dass Sie dann die Möglichkeit haben, eine Entschädigung gegenüber der Airline geltend zu machen – und das bei einem durchaus nicht zu vernachlässigenden Betrag in ordentlicher dreistelliger Höhe. Wer es (berechtigterweise) scheut, die Airline direkt zu verklagen (woraus es oft hinausläuft), ist dann bei Flightright oder AirHelp gut aufgehoben, die sofort eine Einschätzung geben können und im Erfolgsfall (lt. zahlreichen Internetberichten) auch zuverlässig zahlen.

Zwar würde ich ggf. zumindest mit einem ersten Brief versuchen, die Airline direkt zu kontaktieren und so die Entschädigung zu erhalten, spätestens danach aber, sollte keine Zahlung fließen, einen Vermittler und „Eintreiber“ wie AirHelp oder Flightright einschalten, um meine Ansprüche (stressfrei) durchzusetzen. Dank der großzügigen Regelungen in der Fluggastrechte-Verordnung EU261/2004 werde ich auch weiterhin einen genauen Blick auf die Verspätungen werfen, wenngleich ich mich natürlich auch freue, pünktlich am Ziel anzukommen – so soll es ja schließlich auch sein.

Dieser Artikel wurde unterstützt durch Flightright und AirHelp. Vielen Dank dafür! Der Blogpost spiegelt (wie jeder Artikel hier bei My Travelworld) ausschließlich meine eigene subjektive Meinung wieder.

Ich bin Christian und liebe das Reisen genauso, wie darüber zu berichten - deswegen dieser Reiseblog. Nachdem ich 3 Jahre im Paradies der Karibik (Insel Grenada) gelebt habe, bin ich mit dem Rucksack um die Welt gereist. Mittlerweile habe ich um die 70 Länder besucht, das Reisefieber ist aber immer noch nicht gestillt. Von 2015 bis 2019 habe ich in der Dominikanischen Republik gewohnt - die Karibik hat es mir sehr angetan - und habe das Land ausgiebig abseits von All-Inclusive und Hotelkomplex erkundet. Seit einigen Monaten bin ich nun als Digitaler (Halb-)Nomade unterwegs und entdecke die Welt, wobei sich meine Home Base weiterhin in der "DomRep" befindet. Für Fragen und Feedback freue ich mich über Eure Kontakt-Aufnahme - am besten per Kommentar unter den jeweiligen Artikel, da es hier auch gleich anderen hilft.
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