Eher durch Zufall stolperte ich beim Surfen über eine Unterkunft im Norden von Grenada. Da diese auch noch ziemlich günstig war, wurde von uns schnell ein passendes Programm darum gestrickt und schon war unsere Nacht im Crayfish Bay Organic Estate gebucht. Was ich zuerst – auch aufgrund des Namens – als gemütliche und ruhige EcoLodge vermutete, stellte sich anschließend als ein ziemlich verrückter Laden heraus.
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Reisezeitraum: Januar 2013
Veröffentlicht: Januar 2013
Inhalt dieses Reise-Artikels
Buchung
Gebucht hatten wir den sprichwörtlichen Spaß bei Hostelworld (~). Hier fanden wir das Crayfish Bay Organic Estate als wohl günstigste Unterkunft Grenadas und strickten uns daher eine Fahrradtour um diese Nacht herum. 36 Kilometer pro Strecke mit rund 600 Höhenmetern klang für mich als zwar sportlichen, aber recht unerfahrenen Radfahrer als anspruchsvoller Deal, sodass einem spannenden Wochenende nichts mehr im Wege stand. Solltet Ihr Euch mehr für den sportlichen Aspekt dieses Wochenendes interessieren, sei Euch hier der Bericht über die Fahrradtour entlang der Westküste von Grenada empfohlen.
Lage
Wie schon an Hand des Titels der Fahrradtour erkennbar, befindet sich das Crayfish Bay Organic Estate an der (Nord-)Westküste von Grenada. 3 Kilometer nördlich von Victoria gelegen, liegt es zwar nur 2 Gehminuten vom Meer entfernt, jedoch wirklich mitten in der sprichwörtlichen Pampa. Das kleine Dorf Nonpareil stellt den nächsten Bezugspunkt dar – immerhin, wie wir während unseres Besuchs feststellen konnten, mit zwei ordentlichen Rum Shops, die auch für eine kleine Gruppe ausreichend Vorrat an Carib haben. Der nächste Strand ist rund zwei Kilometer entfernt und befindet sich nördlich von Nonpareil – der Duquesne Beach.
Auch Busse verkehren in Nonpareil. Die Minibus-Linie 5 passiert den Ort mit Verbindungen in den Norden nach Sauteurs, in die Küstenstädte Victoria und Gouyave sowie bis in die Inselhauptstadt St. George’s.
Anreise
Schon die Anreise zum Crayfish Bay Organic Estate war mehr als ungewöhnlich. Im kleinen Dorf Nonpareil gab es keinerlei Hinweisschild auf das erwartete Hostel. Auch von außen war es absolut nicht zu erkennen, wir liefen sogar direkt daran vorbei. Erst als uns ein Anwohner mitnahm und den Weg zeigte, wurden wir auf dem richtigen Grundstück „abgeworfen“. Auf eine Unterkunft in diesem einem Werkstatt-Hof ähnelnden Platz mit vielen unvollständigen Landrovern wären wir aber auch nie gekommen.
Check-In
Der Begriff Check-In, wie ich ihn bei anderen Hotelbewertungen gerne nutze, ist hier definitiv maßlos übertrieben. Zuerst begrüßte uns ein junger Mann mit klassischem „Zahnlückenformat“, der zu den Dauergästen des Crayfish Bay Estates gehört. Anschließend stellten sich seine Freundin sowie eine gerade erst angereiste Deutsche vor, die ebenfalls hier lebten. Erst dann bekamen wir den eigentlich Eigentümer, Kim Russell, zu Gesicht, der uns kurz begrüßte und uns unsere Betten im 5er-Schlafsaal zeigte. Eigentlich war er aber dafür zu beschäftigt, denn im Prinzip störten wir ihn gerade beim Abendessen zubereiten – gemeinsam mit einigen der anderen Gäste (im wesentlichen die, die länger hier lebten).
Konzept
Genau um dies zu verstehen, muss ich ein wenig ausholen und über das Crayfish Bay Organic Estate erzählen. Im Prinzip handelt es sich um eine Art Farm, wo man gegen Arbeit kostenlos wohnen kann. Unter diesem Begriff sollte man sich hier aber nicht die typische EcoLodge in Australien vorstellen, die sich über dutzende Work-and-Travel Reisende freut, sondern eher ein großes Grundstück eines seit mehr als zwei Jahrzehnten in Grenada lebenden Engländers, der hier alte Landrover zusammenflickt, nebenbei ein bisschen Bio-Anbau betreibt und sich im Wesentlichen darüber freut, wenn er unter Gesellschaft ist und unter Umständen seine freiwilligen Arbeiter in einer sehr lustig-dominanten Art herum kommandieren kann. Daraus resultiert auch, dass – so unser Gefühl – sich hier ein aufgrund der verschiedensten Personen völlig heterogenens, aber dennoch sehr familiäres Gemeinschaftsgefühl entwickelt. Und wenn ich dies bereits nach nur 1 Nacht Aufenthalt schreibe, kann man sich vorstellen, welcher Backpacker- und Erlebnis-Charme im Crayfish Bay Organic Estate steckt.
Essen
Zu diesem Gemeinschafts-, Hilfs- und Arbeitergefühl gehört auch, dass man gemeinsam kocht, wobei Kim hier definitiv die Chefkoch-Mütze auf hat und sich das Helfen schon ein wenig nach dem Status unterscheidet. Wer ist nur kurzzeitiger Gast und zahlt für die Nächte (muss daher nicht mit helfen) oder wer wohnt und arbeitet länger auf der Farm, kennt daher die Gepflogenheiten und kommt – wenn noch andere Arbeit im Spiel ist – auch in den Genuss von kostenfreien Übernachtungen. Dennoch wird natürlich keiner etwas dagegen sagen, wenn man auch als 1-Nacht-Backpacker einen Finger rührt. :-)
Zurück aber zum Essen, welches mir wie auch der gesamte Aufenthalt ziemlich stark in Erinnerung geblieben ist. Für die während unseres Besuchs rund 10 Leute wird aus riesigen Kantinenkochtöpfen serviert. Gegessen wird dann gemeinsam am großen Küchentisch in Kims Reich. Als Vorspeise gab es eine richtig richtig leckere Callaloo-Suppe, eine der Spezialitäten von Grenada, die in Ihrem Geschmack auf jedem Fall der Haute-Cousine-Variante in BB’s Crabback mehr als Konkurrenz machen kann. Als Hauptgericht gab es die klassischen grenadinischen Rice & Peas mit einem extrem zarten und leckeren Schweinegulasch (Pork Stew). Die erwähnten riesigen Kantinentöpfe führten auch dazu, dass jeder soviel essen konnte, wie er wollte – genau richtig nach unserer anstrengenden Fahrradtour.
Zum Frühstück gab es übrigens Porridge, Mangos und Eierkuchen. Es war überhaupt das erste Mal in meinem Leben, dass ich das vor allem in Großbritannien so beliebte Porridge aß und muss sagen, dass es für den nicht gerade einladenden Anblick sehr gut geschmeckt hat. Ich war sehr positiv überrascht, denn bisher machte ich darum immer einen großen Bogen. Auch hier ein großes Lob an Küchenchef Kim.
Getränke
Bei den Getränken setzte sich nahtlos das Konzept (auch hier ein falscher Begriff, besser würde wohl das „laissez-faire“ passen) der Gemeinschaft fort. Wasser gibt es direkt aus der Leitung, welches im Gegensatz zum sonstigen grenadinischen Tap Water eine hervorragende Qualität hatte. Carib konnten wir uns für 4EC$ an einem seperaten Bar-Häuschen holen, wo jedoch nicht gleich bezahlt wurde, sondern erst nach Abreise. Die getrunkenen Biere wurden mit sehr innovativer Kreide an eine Wand gemalt und gezählt.
Zimmer
Achja, übernachtet haben wir im Crayfish Bay Organic Estate ja auch noch. Untergebracht waren wir im kleinen Schlafssal des Hauses, welcher aus fünf Betten bestand. Bettzeug gab es einfach zum Wegnehmen, Handtücher ebenso.
Der Schlaf verlief dann aber doch ziemlich hosteltypisch. Nach spätem ins Bett gehen schlief ich zunächst wie ein Stein, ehe am Morgen dann das große Lärmen begann. Los ging es gegen 06:00 mit dem Krähen des Hahnes, der direkt neben dem Schlafraum gestanden haben muss. Zudem schrie er so lange, ausdauernd und in der exakt gleichen Tonlage, dass ich es glatt für ein nerviges Handyklingeln hielt … ja, wie technorisiert man doch mittlerweile ist. Weiter ging es dann etwas später mit dem Poltern in Kims Küche und Wohnzimmer. Dank des extrem hellhörigen Holzfussbodens, hörte man jede Bewegung mehr als doppelt so laut. Last but not least folgte um 09:00 dann der finale Wegruf von Kim, der mit einem richtig lauten Horn den Auftakt des Frühstücks ankündigte. Weiterschlafen unmöglich … ;-)
Bis auf diese „kleinen“ Ruhestörungen war es aber eine angenehme Nacht. Von eventuellen Mücken, vor denen im Internet direkt gewarnt wird, war nichts zu spüren, weder am Abend draußen noch während der Nacht im Raum – trotz der offenen Bauweise und der damit einhergehenden Durchlüftung. Vielleicht lag es aber auch an unseren verschwitzten Fahrradklamotten, dessen „Duft“ selbst der Duchzug nicht beseitigen konnte oder an meinen Schuhen, die vor dem Eingang standen und damit vielleicht jeglichem Moskito die Lust am Weiterfliegen nahmen. :-)
Für die sanitären Bedürfnisse gab es ein Badezimmer mit Dusche und WC. Auch hier zeigte sich die Einzigartigkeit dieses Pseudo-Hostels. Während die Dusche sehr attraktiv als Freiraumdusche mit Steinumrandung designt war, wurde auf ein Waschbecken gleich mal komplett verzichtet. Umso lustiger war daher der Anblick, dass alle Zahnbürsten um die Dusche herum drapiert waren.
Achja, falls ich es noch nicht erwähnt habe: durch die offene Bauweise war die Durchlüftung in diesem Baderaum natürlich mehr als optimal. Dafür allerdings gab es kein warmes Wasser … in Grenada nicht zwangsweise notwendig und vor allem nach dem ein oder anderen Carib am Vorabend dann auch am Morgen sehr erfrischend und vitalisierend. Dauerhaft wäre das aber nichts für mich, denn eine Dusche muss bei egal welcher Temperatur einfach warm sein.
Das Publikum
Apropos Carib, das bringt mich dann auch zum letzten Punkt meiner doch recht ausführlichen (Nicht-)Hotelbewertung.
Die Gäste im Crayfish Bay Organic Estate waren – egal ob Dauergast (seit 7 Monaten) oder gerade erst angekommen – extrem gemischt und daher umso interessanter. Spannende Gespräche entwickeln sich da schnell, sodass auch der kleine Ausgang zum örtlichen Rum Shop schnell gebongt war. Mit einem Carib 3 for 10 war der Grundstein gelegt, dass die Bar später am Abend „out of Carib“ ging. Gott sei Dank gibt es in Nonpareil noch eine zweite Bar, die wir dann weiter belagern konnten. Zum „wir“ gehörten Eigentümer Kim, ein Schwede, zwei Polen, ein Brite, eine Amerikanerin, eine Deutsche sowie wir beiden ebenfalls gerade erst angekommenen Deutschen. Internationaler geht es nicht, was dem Ruf eines richtigen Backpackers natürlich vollends gerecht wird und auch uns mal wieder eine sehr willkommende Abwechslung vom grenadinischen Alltag bescherte.
Fazit
Eigentlich war es sehr schade, dass wir diese Atmosphäre schon nach einem Tag wieder verlassen mussten, denn das Crayfish Bay Organic Estate war nicht nur ein ideales Weekend-Break, sondern auch eine wunderbare Abwechslung von den sonstigen 0815-Hotels. Es war einfach eine ideale Kombination aus den anwesenden Leuten, dem authentischen und touristenhassenden (ja liebe Leser, wer hier mit Rolli und Strandtuch aufschlägt, wird wahrscheinlich gleich wieder vom Hof gejagt) Kim, der auf nichts außer sich Rücksicht nimmt, aber dennoch sich irgendwie charmant um seine Gäste kümmert, der Lage im grenadinischen Nichts sowie natürlich auch dem Preis, der uns dieses Erlebnis überhaupt erst bescherte. Wir waren selber überrascht, welch spannende Sachen es doch in Grenada gibt und ich hoffe sehr, dass aus meinen Worten die absolute Begeisterung für diesen kurzen, aber eindrucksvollen Aufenthalt hervor geht.
Ich bin Christian und liebe das Reisen genauso, wie darüber zu berichten - deswegen dieser Reiseblog. Ich habe nicht nur Tourismus studiert und mehr als 10 Jahre bei Reiseveranstaltern gearbeitet (gerne helfe ich Euch bei Eurer Reiseplanung), sondern auch knapp 10 Jahre in der Karibik gewohnt (Grenada & Dominikanische Republik) und bereits mehr als 90 Länder bereist.
Aktuell bin ich als Digitaler Nomade unterwegs und entdecke die Welt, wobei ich die Karibik weiterhin regelmäßig besuche. Mehr über mich findet Ihr hier, ebenso wie einige Links zu meinen Experten-Beiträgen auf anderen Websites oder in Podcasts.
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Hi Chris,
Wir sind ab Dez für 3 Monate in der Karibik und da bin ich auf deine Website gestoßen.:)
Vielleicht hast du ja ein paar Tipps für uns?
Wir sind bis zum 16.12 auf Barbados u wollen dann weiter, vlt nach Grenada und dann weiter hoch bis St. Lucia, wo wir Anfang Januar Freunde treffen.
Über Must-DOS sowie Tipps für bezahlbare Unterkünfte freuen wir uns. Wir stehen nicht auf Hotelanlagen und Schischi, sondern suchen nette Guesthouses für Selbstversorger. Da Weihnachten und Silvester anstehen, ist das ja aber vielleicht nicht ganz so einfach? Was meinst du?
Viele Grüße aus dem kalten Deutschland
Hi Sabrina,
schön, dass Ihr in die Karibik kommt. :-)
Für Weihnachten und Silvester solltet Ihr in der Tat vorbuchen und langsam etwas suchen. Wenn Ihr eine günstige Unterkunft sucht, wäre das hier beschriebene Crayfish Bay die Nr. 1 in Grenada, liegt allerdings ziemlich ab vom Schuss und ist eher so eine Art Farm Stay – also nicht für jeden etwas.
Die beste Region zum Wohnen ist die Grand Anse / St. George’s Area, da habt ihr alles, was Ihr braucht, in der Umgebung und eine perfekte Busanbindung. Günstige Apartments gibts u.a. in den Tamernique Apartments (eher basic), in den Captain Harris Suites (eher neu und modern) und bei Chris and Nickys Apartment (kenne ich nur aus dem Internet).
In Richtung Gästehaus (und etwas teurer) geht dann schon eher zum Beispiel Jenny’s Place, La Sagesse, Mango Bay oder Cabier Ocean Lodge.
Für die Must-Do’s schaut Euch einfach mal auf meinem Blog um. Ich habe ja eine separate Grenada-Übersichtsseite, da findet Ihr ziemlich viele Artikel über die Insel. Als Must-Do würde ich aber auf jeden Fall die Seven Sister Falls, einen Hash, den Grand Anse Beach, die La Sagesse Bay und einen Marktbesuch einordnen. Zu jedem dieser Themen gibt es Artikel hier im Blog.
Da Ihr ziemlich viel Zeit habt, würde ich Euch auch mindestens eine Woche Carriacou empfehlen. Sehr humanes Preisniveau, was die Unterkünfte betrifft und eine wirklich paradiesische, kleine Grenadinen-Insel.
Auf Barbados würde ich unbedingt die Ostküste erkunden, die ist landschaftlich wunderschön. Auch einer der zahlreichen Botanischen Gärten sind nicht schlecht, wenn auch für meinen Geschmack etwas zu touristisch. Top-Strände in Barbados sind meines Erachtens nach Bottom Bay und Crane Beach.
Für St. Lucia können Euch ja dann sicherlich Eure Freunde ein paar Tipps geben. :-)
Ich hoffe, die Infos helfen Euch weiter. Lasst mich wissen, wenn Ihr noch Fragen habt.
Ansonsten dann gute Reise!
LG, Chris