Ich hatte ja in letzter Zeit doch das eine oder andere Trekking hinter mir – mal mehr und mal weniger anspruchsvoll. Immer noch Maßstäbe setzte für die Vergangenheit der Mount Rinjani in Indonesien, doch auch der Salkantay Trek oder der Colca Canyon (jeweils in Peru) waren sportliche Herausforderungen. Zeit also, die nächste Challenge anzunehmen, zumal sie so verlockend und nah, gleichzeitig aber auch so schwierig war: der 6.088 Meter hohe Huayna Potosi nahe La Paz, der (gefühlten) Hauptstadt von Bolivien.
Reisezeitraum: März 2015 / 3 Tage
Geschrieben: März 2015
Veröffentlicht: Juli 2015
>> Zu meinen Wanderberichten über die Svaneti-Region in Georgien, den Mount Rinjani in Indonesien, den Colca Canyon in Peru und den Salkantay Trek in Peru
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>> Zum Reisebericht La Paz
Inhalt dieses Reise-Artikels
Gedanken zur Ausgangssituation
Das war definitiv eine Hausmarke. Als ich erfuhr, dass quasi jeder fitte Reisende einen 6000er in den Anden (Peru oder Bolivien) besteigen kann, klang die Vorstellung schon sehr verlockend, einmal so weit oben zu stehen. In Arequipa ließ ich die Gelegenheit mit dem ebenfalls (verhältnismäßig) relativ einfachen Chachani (6.057 Meter) noch verstreichen (zu wenig Akklimatisation), doch in La Paz wollte ich die Chance beim Schopfe packen. Nach mehr als 1,5 Wochen über 3.000 Meter bereitete mir zumindest die Grundhöhe keine Probleme mehr (mit Ausnahme des üblichen schweren Atems nach kurzen Anstrengungen). Fit fühlte ich mich ebenso, hatte ich doch den Salkantay Pass auf 4.630 Meter oder den Muela del Diablo bei La Paz auf knapp 4.000 Meter relativ problemlos gemeistert. Dass ich bei der Buchung der Tour dennoch für eine der größten Herausforderungen unterschrieb, war mir vollkommen bewusst. Schließlich sind 6.000 Meter kein Kinderspiel und für den normalen (Wander-)Menschen eigentlich nicht geeignet. Doch spätestens beim Anblick dieser montanen Schönheit war mir bewusst, dass meine Entscheidung unabhängig vom Erfolg der „Operation Huayna Potosi“ mehr als richtig war.
Buchung der Tour und Empfehlung eines Anbieters
Für die Buchung fragte ich in La Paz, wo im Zentrum an jeder Ecke Touren zum Huayna Potosi angeboten werden, bei drei verschiedenen Agenturen nach. Inka Land Tours bzw. ein Vermittler von denen machten mir mit 950 Bolivianos (BOB) (ca. 130 €) das günstigste Angebot, boten aber auch die spärlichsten Informationen. Die Huayna Potosi Travel Agency, die entgegen ihres Namens kein Reisebüro / Vermittler, sondern selbst Veranstalter der Touren ist, bot mir 1050 BOB (ca. 145 €) an, mit Unterkunft in zwei direkt der Agentur gehörenden Schutzhütten. Last but not least stand noch Altitud6000 zur Wahl, die im Internet hervorragende Kritiken bekommen und mir auch von 2 Mitreisenden auf dem Salkantay Trek empfohlen wurden, allerdings mit 1400 BOB (ca. 200 €) zu Buche schlagen. Letztendlich entschied ich mich nach kurzer Nachrecherche im Internet für die ebenfalls recht gut bewertete Huayna Potosi Travel Agency.
Schon einmal das Ergebnis vorneweg: den Anbieter kann ich überwiegend empfehlen, mit der Einschränkung, dass die Verpflegung relativ unzureichend war. Dies betrifft sowohl die Quantität (es gab immer nur einen Teller pro Person) als auch die Qualität (relativ energiearme Kost, aber dennoch zum Teil schwer verdaulich) und war somit – zumindest für mich – völlig unzureichend. Meine mitgebrachten Snacks konnten da nur bedingt helfen, aber dazu später mehr. Auch die Organisation am Abreisetag war nicht wirklich optimal. Ansonsten aber gibt es einen klaren Daumen hoch für die Huayna Potosi Travel Agency. Gerade die beiden Schutzhütten / Camps waren lagetechnisch wohl das Spektakulärste, was mir in den letzten Monaten untergekommen ist. Während das Basis Camp an einem wirklich malerischen See auf 4.700 Metern lag, bot das High Camp auf stattlichen 5.300 Metern einzigartige und nahezu unglaubliche Ausblicke.
Auch die Guides (4 Guides für 7 Teilnehmer) waren freundlich und erfahren (wenngleich nur spanischsprachig) und der Tour-Ablauf war gut durchdacht. Das Equipment war für Bergsteiger-Anfänger, wie fast alle von uns es waren, in guter Qualität. Insgesamt war das Preis-Leistungsverhältnis von Huayna Potosi Travel Agency also auf jeden Fall stimmig.
Tag 1: Anfahrt ins Bergmassiv und Eisklettern am Gletscher
Mit bolivianischer Pünktlichkeit (also deutlich zu spät) starteten wir am Tag der Abreise aus La Paz und nahmen die nur etwas mehr als einstündige Fahrt auf uns – 7 Teilnehmer insgesamt. Die größte Herausforderung dieses Tages wartete aber im Equipment-Shop auf mich, als es nahezu unmöglich war, Bergschuhe in meiner Größe zu finden. Nach dem Anprobieren von fast einem dutzend Paaren war dann überraschend doch noch ein halbwegs passendes Schuhwerk dabei. Die anderen Bestandteile des komplett gestellten Equipments (Schlafsack, Schuhe, Steigeisen, Pickel, Helm, Handschuhe, Regenjacken, Outdoor-Hose, Beinschoner, Gurt) waren zum Glück weniger problematisch.
My Travelworld Tipp |
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Solltet Ihr wie ich mit meiner Schuhgröße 50 ungewöhnliche Körpermaße haben, fragt vorher bei der Buchung nach, ob dies in Bezug auf die Ausrüstung ein Problem geben kann. |
Doch spätestens mit Ankunft am Base Camp war eine kleine Verspätung oder die aufwendige Anprobe der Schuhe vergessen. Wer solch eine Szenerie auf seiner Reise genießen darf, hat einfach nichts mehr zu melden. Allein diese Lage der Schutzhütte war quasi das komplette Tour-Geld wert.
Am Nachmittag ging es schließlich auf einen nahe liegenden Gletscher, um die Ausrüstung auszuprobieren. Die meisten der Teilnehmer, inklusive mir, sind schließlich noch nie mit Pickel und Steigeisen auf Berge hinaufgeklettert, was letztendlich aber nicht wirklich schwierig war. Es dauerte fast länger, dass ganze Equipment in die richtige Ordnung zu bringen als die Eiswand hochzuklettern, die wir als kleine Spaß-Challenge (am Berg geht es nur ab und an steil bergauf, aber keine Wände) veranstalteten.
Neben meiner Premiere im Eis-Klettern, die definitiv Lust auf mehr machte, war auch die Szenerie wieder ein absoluter Hammer. Der Mund war offen, die Gänsehaut stellte sich auf und die Dankbarkeit wieder einmal enorm groß, an solch einem Punkt überhaupt stehen zu dürfen.
Tag 2: Aufstieg vom Base Camp (4.700 Meter) zum High Camp (5.300 Meter)
Tag 2 war angebrochen und es sollte nach dem Mittag auf das High Camp auf 5.300 Meter gehen – nach einer für mich sehr unruhigen Nacht. Ob es die Höhe war (wobei ich auf 5.300 Meter deutlich besser schlief), das schwer verdauliche Essen oder meine sich ankündigenden Magenprobleme (die Höhe kann in diesen Regionen viele Partien und Prozesse des Körpers beeinflussen), relativ energielos startet ich auf die Tour. Nicht gerade beste Voraussetzungen für einen solch hochalpinen Tag. Dass dazu noch ein mit der kompletten Bergausrüstung 15kg schwerer Rucksack kam, machte die Sache nicht unbedingt leichter. Verbunden mit meiner merkbaren Energielosigkeit, die ich auch nicht mit Bananen oder anderen Energy-Snacks bekämpfen konnte, war ich relativ schnell zum Scheitern verurteilt. Trotz meines Ehrgeizes musste ich meinen Rucksack schließlich einem Guide übergeben und schleppte mich mit letzter Kraft und Motivation (die Motivationssache hatte ich ja bereits am Mount Rinjani geübt) ins High Camp. Erinnerungen an den Mount Rinjani wurden mehr als wach.
Als ich im High Camp erst einmal eine halbe Stunde brauchte, um überhaupt wieder zu mir zu kommen und auch das (diesmal leichte) Abendessen nicht meine Begeisterung erwecken konnte (und das soll bei mir etwas heißen), wusste ich schon, dass der Huayna Potosi für mich nahezu unbezwingbar werden sollte.
Immerhin, das Wetter an diesem Tag war auch recht bescheiden, sodass ich bei meiner Konzentration auf mich selbst nicht viel von der diesmal eingetrübten Landschaft verpasste.
Tag 3: Ausbleibender Gipfelsturm und eintretende Wundersichten
00:30 war Wecken angesagt – eine Zeit, bei der ich normalerweise erst ins Bett gehe. Doch ein ungewöhnlicher Gipfel erfordert ungewöhnliche Maßnahmen.
Nach einer knackig kalten, aber für mich überraschend schlafreichen Nacht, versuchte ich zumindest, den Huayna Potosi anzugehen. Doch ziemlich schnell merkte ich, dass die Beine vom Vortag zu müde waren, die Luft mir naturgemäß (wie auch allen anderen) zu schaffen machte und vor allem ich die notwendigen Motivationskörner bereits am Vortrag verbrannt hatte. Gerade Letzteres war ein entscheidender Faktor, dass ich schließlich auf 5.500 Meter die Segel strich, die nächtlichen Ausblicke auf La Paz genoss und schließlich mit Guide wieder zum High Camp umkehrte.
Nach weiteren drei exzellenten Stunden Schlaf dort (ich war wohl der einzige aus unserer Gruppe, der überhaupt vernünftig auf 5.300 Meter schlafen konnte) wachte ich kurz nach Sonnenaufgang auf und konnte mir schließlich die Belohnung für die Strapazen am Vortag und am frühen Morgen abholen: eine Berg- und Alpinkulisse mit Gänsehaut-Garantie. Einfach WOW!
Auch der Weg hinunter vom High Camp war bei gleichbleibend perfektem Wetter nichts für schnelle Wanderer, denn immer wieder musste ich Fotopausen einlegen. Da ich aber ohnehin am Ende meiner Kräfte war, kamen mir diese auch sehr gelegen – es war einfach null Energie mehr im Körper.
Fazit
Erschöpft, kraftlos, ohne 6000er-Besteigung, aber dennoch ziemlich glücklich kam ich schließlich am Base Camp auf 4.700 Meter an und hatte noch ausreichend Zeit, auf die anderen Teilnehmer zu warten, die es – bei perfekten Bedingungen – alle bis zum Huayna Potosi schafften. Trotz Misserfolgs der eigentlichen Mission, der Besteigung eines 6000er, war es für mich ein voller Erfolg – die Bergkulisse auf dieser Höhe war einfach atemberaubend, das Eisklettern ein in Erinnerung bleibender Spaß und schließlich auch mal wieder eine körperliche Herausforderung der besonderen Art. Viel mehr hätte ich mich geärgert, dieses Ziel nicht anzugehen, denn vor allem zeitlich bekommt man dazu nicht allzu viele Gelegenheiten im Leben. Während die Tour selbst nur 3 Tage dauert (es werden sogar auch 2-Tages-Touren angeboten) benötigt man vor allem ausreichend Zeit zur Akklimatisation – mindestens eine Woche auf 3.000 Meter oder sogar noch höher, am besten in La Paz zwischen 3.500 und 4.000 Metern. Wer diese Zeit hat, dem kann ich die Tour zum Huayna Potosi nur wärmstens empfehlen – bleibende Erinnerungen sind Euch garantiert.
Was war Eure bisher herausfordernste Wanderung? Seid Ihr schon einmal so richtig an Eure Grenzen gekommen? Oder musstet Ihr sogar wie ich eine Gipfelbesteigung abbrechen? Erzählt Eure Anekdoten in den Kommentaren.
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Ich bin Christian und liebe das Reisen genauso, wie darüber zu berichten - deswegen dieser Reiseblog. Nachdem ich 3 Jahre im Paradies der Karibik (Insel Grenada) gelebt habe, bin ich mit dem Rucksack um die Welt gereist. Mittlerweile habe ich um die 70 Länder besucht, das Reisefieber ist aber immer noch nicht gestillt. Von 2015 bis 2019 habe ich in der Dominikanischen Republik gewohnt - die Karibik hat es mir sehr angetan - und habe das Land ausgiebig abseits von All-Inclusive und Hotelkomplex erkundet. Seit einigen Monaten bin ich nun als Digitaler (Halb-)Nomade unterwegs und entdecke die Welt, wobei sich meine Home Base weiterhin in der "DomRep" befindet. Für Fragen und Feedback freue ich mich über Eure Kontakt-Aufnahme - am besten per Kommentar unter den jeweiligen Artikel, da es hier auch gleich anderen hilft.
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He Christian.
Das ist ein sehr schöner und ausführlicher Bericht. Die Bilder sind super und dann war das Wetter wohl auch optimal.
Hättest du Interesse an einem Round-Up über Treks in Bolivien teilzunehmen ?
lg, Paul
Hallo Paul,
danke. Zu deiner Frage habe ich dir via E-Mail geantwortet.
LG, Chris