Es gibt diese Flüge, die werden immer im Gedächtnis bleiben. Mein Flug mit SETAM (Servicio de Transporte Aereo Militar), den Militär-Flugzeugen von Paraguay, ist so einer. Abflug von einer Graspiste, Hauptfracht gefrorene Fische und zusteigende Passagiere bei laufenden Propellern – das waren nur einige Besonderheiten bei meinem Flug über den Norden von Paraguay …
Reisezeitraum: März 2015
Geschrieben: April 2015
Veröffentlicht: Juli 2015
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Schon vor dem Abflug ging der Reigen der Eigenheiten los. Die Buchung nahm ich direkt im Abflugort, Bahia Negra, im Äußersten Norden von Paraguay vor. Während man hier vielleicht ein kleines Airline Office erwarten würde, ist die Verkaufsstelle bei Frau Suarez zu Hause. Empfangen wurde ich von der SETAM-Repräsentantin im häuslichen Outfit – ihrem Handtuch nach zu urteilen hatte ich sie gerade beim Haare waschen gestört.
Doch das Bild passte zum beschaulichen Bahia Negra, wo ich die vergangenen zwei Tage eine entspannte Zeit verbrachte – oder besser gesagt zwangsweise festhing (mehr dazu auch in diesem Artikel). Der kleine Ort ist nämlich ausschließlich per wöchentlich verkehrenden Cargo-Boot sowie den vier- bis fünfmal pro Woche startenden Flügen zu verlassen. Kein Bus, keine Straße, kein Zug – die Flüge sind also essentiell. Doof nur, dass diese ziemlich wetterabhängig sind, denn – so die nächste Eigenheit der Bahia Negra-Verbindung – bei Regen oder anderen gar nicht allzu seltenen äußeren Einflüssen werden die Flüge einfach ersatzlos gestrichen. Grund hierfür ist die im folgenden Foto abgebildete Graspiste, die den Flughafen von Bahia Negra darstellt. Bei einsetzendem Regen wird diese zum unnutzbaren Schlammacker.
Doch ich sollte Glück haben, weswegen Ihr diesen Flugbericht hier überhaupt lesen könnt. Am Flugtag herrschte eitel Sonnenschein, sodass ich den Flughafen von Bahia Negra auch in seinem vollen Funktionsumfang nutzen konnte. Dieser setzte echte Maßstäbe und bestand aus einem Dixi-Klo als Sanitäranlage, einer Parkbank als Check-In Bereich und einer Holzbank als Wartebereich. Einen Sicherheitscheck oder ähnliches war überhaupt nicht vorhanden.
Bahia Negra war also definitiv einer der exotischsten Flughäfen, die ich je besucht hatte. Doch es sollte auch exotisch weitergehen. Nach mehreren Stunden Wartezeit – das aus Concepcion kommende Flugzeug hatte 2,5 Stunden Verspätung – kam die Propellermaschine angeflogen: eine C-212 200 des Militärs von Paraguay.
Beim späteren Umladen von Passagieren und Fracht war dann auch zu sehen, warum sich beim Flug einiges an Verspätung angesammelt hatte. Die Gepäckstücke der ankommenden Gäste wurden irgendwo tief aus dem Flugzeug geholt (händisch natürlich), die mitgehende Fracht – im Wesentlichen Fische – wurde scheinbar nach Fangdatum und Fischart sortiert und die mitfliegenden Passagiere wurden einzeln auf einer direkt neben dem Flugzeug postierten Waage gewogen. Anschließend errechnete der Kapitän wohl das Startgewicht.
Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte es dann schließlich losgehen. Alle Passagiere zwängten sich in die wirklich enge Maschine von SETAM mit 24 Sitzen, ehe die lauten Propeller starteten.
Der Flug von Bahia Negra nach Vallemi, einem Zwischenstopp auf dem Weg nach Concepcion, folgte fast ausschließlich dem Flusslauf des Rio Paraguay. Anhand des ihn umgebenden dichten und nicht enden wollenden Regenwaldes war letztendlich dann auch klar, warum ich Bahia Negra nicht über den Landweg verlassen konnte. Die Dimensionen waren einfach so riesig, dass kaum einer die Distanzen in Verbindung mit dieser Vegetation auf sich nimmt. Immerhin gab mir dies die Möglichkeit, die wunderschöne Szenerie von oben zu betrachten.
Der Zwischenstopp in Vallemi hielt schließlich die nächste Kuriosität bereit. Während ich diese Art der Flugunterbrechungen ja auch aus meinen dutzenden Flügen in der Karibik mit Liat gewohnt bin, sah ich es hier zum ersten Mal, dass Passagiere bei laufenden Propellern zustiegen. Lärm und Wind an den Türen könnt Ihr Euch vorstellen, aber dies scheint bei SETAM so Gang und Gebe zu sein.
Die zweite und kürzere Etappe von Vallemi nach Concepcion war schließlich relativ unspektakulär. Das Land blieb unglaublich flach, doch neben dem Regenwald mischten sich auch ein paar mehr Straßen, Weiden, Ackerfläche und Dörfer mit ein.
Mit der Landung in Concepcion war schließlich dieses kleine paraguayische Flugabenteuer beendet. Der Flugplatz war kaum größer als diejenigen in Bahia Negra oder Vallemi, hatte aber immerhin eine Asphaltpiste, einen kleinen Tower und eine Flughafenfeuerwehr.
Am Ende war es wieder einmal ein bemerkenswertes fliegerisches Erlebnis, welches ebenso wie meine Flüge im Buschland von Guyana, mein Inselhüpfer nach St. Martin oder die Landung auf der kürzesten Landebahn der Welt lange im Gedächtnis bleiben werden. Geplant war es diesmal aber allemal nicht, denn eigentlich wollte ich in Südamerika flugfrei bleiben. Die abgeschiedene Lage von Bahia Negra ließ mir aber letztendlich keine andere Wahl und ich hatte Glück, dass der Flug mit knapp 40 € nicht ein Vermögen kostete und das Wetter am Flugtag einwandfrei war. Letztendlich aber bin ich um ein tolles Flugerlebnis reicher und kann sagen „Ende gut, alles gut“.
Seid Ihr schon einmal mit solchen ungewöhnlichen Maschinen oder von unasphaltierten Flughäfen geflogen? Erzählt mir von Euren exotischsten Flugerlebnissen in den Kommentaren.
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Hallo Chris,
da hast du mir ja echt was voraus. Ich kenn Paraguay sehr gut war auch schon mehrmals im Chaco.
Aber voll blöd das Schiff verpasst hast. Ich habe damals auch die Doku von dem Boot in den Norden gesehen.
Wieviel musstest du für den Flug eigentlich bezahlen? Habe nichts auf der SETAM Seite gefunden.
Grüße Jörg
Hallo Jörg,
ach, das Verpassen der Aquidaban hatte auch wiederum neue Abenteuer nach sich gezogen, von daher ist es nur halb so schlimm. 2 Tage in Bahia Negra ist auch mal ein Erlebnis der anderen Art … ;-)
Das Flugticket kostete mich 200.000 Guarani, also ca. 40 €. War also noch verhältnismäßig günstig.
LG und viel Spaß beim nächsten Paraguay-Besuch
Chris