Über Nachtzüge scheiden sich wohl die Geister. Auf der einen Seite steht die kleine Gruppe von Fans, die auf die Zugfahrt während der Nacht schwören, vor allem weil es die Hotelkosten spart. Die andere, wahrscheinlich größere Gruppe, würden keine 10 Pferde in solch ein Mini-Abteil bekommen. Auch wenn es nicht das Non-Plus-Ultra ist, positiv überrascht war ich dennoch nach unserer Fahrt mit dem EuroNight von Dresden nach Buadapest.
Reisezeitraum: September 2012
Geschrieben: Oktober 2012
Veröffentlicht: November 2012
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Inhalt dieses Reise-Artikels
Planung und Buchung
Die Planung dieser Fahrt lief bei mir wie fast immer über 8 Ecken und Kanten. Ursprünglich wollte ich von Dortmund nach Cluj-Napoca in Rumänien fliegen und zur Anreise zum Flughafen ebenfalls einen Nachtzug nutzen. Da sich im Laufe der Recherche jedoch andere Reisezeiten ergaben, weil sich noch eine Person meinen Reiseplänen anschloss, wurde kurzerhand umgeplant und ein Flug von Budapest nach Targu-Mures rückte in den Vordergrund. Passend dazu war dann die Fahrt mit dem Euronight einen Tag vorher, die nicht nur mit 50 € für den Liegewagen sehr erschwinglich war, sondern uns auch 24 Stunden Aufenthalt für die schöne Metropole Budapest einbrachte.
Gebucht hatte ich direkt auf der Website der Deutschen Bahn. Neben dem Liegewagen, über den ich hier in diesem Artikel ausführlich berichten werde, gab es noch das Abteil mit Schlafsesseln für ca. 30 € pro Person (im Prinzip fast identische Sitze mit den aus den IC’s bekannten 6er-Abteilen) sowie das Schlafabteil mit „richtigen“ Betten für um die 80 €. Mit dem Liegewagen wählten wir also die goldene Mitte.
Etwas schade war, dass es während der Buchung keine Möglichkeit der eigenen Sitz-/Schlafplatzwahl gab. Die Betten wurden automatisch vom System zugewiesen und wir bekamen im 6er-Abteil mit 3 Betten übereinander die beiden obersten Betten zugewiesen. Zunächst war ich davon wenig begeistert (ich hasse es schon, bei Doppelstockbetten hochzuklettern) und kontaktierte sogar den Kundenservice der Deutschen Bahn, dem jedoch eine Änderung nicht möglich war. Letztendlich sollten sich die beiden oberen Betten aber als wahrer Glücksgriff erweisen.
Der Liegewagen
Sonntagabend, 21:08, Dresden Hauptbahnhof – nun sollte unser kleines Zugabenteuer endlich losgehen. Spannung war definitiv vorhanden, schließlich war es meine erste aktive Nachtzugfahrt überhaupt (eine Fahrt im Schlafwagen im Alter von 14 Jahren mal ausgenommen). Dank pünktlicher Ankunft aus Berlin stand der Euronight auch bereits am Gleis.
„Alle einsteigen, bitte“, darf ich nun einmal treffend titulieren. Auf geht’s zur kleinen Führung durch unsere „Mini-Schachtel“.
Ja, so könnte man unser 6er-Abteil durchaus treffend bezeichnen. Beim ersten Blick in den Liegewagen konnte ich noch nicht wirklich erahnen, wie hier einmal 6 Personen schlafen sollen.
Die Auflösung folgt später. :-)
Zunächst allerdings folgte eine kurze Kennenlernrunde mit den anderen Mitfahrern. 3 rustikale Berliner teilten sich mit uns das Abteil, die gemeinsam auf dem Weg zum Männer-Wanderurlaub in der Hohen Tatra waren. Deren Sixpack Bier war entsprechend schnell geleert, aber glücklicherweise konnten wir mit unseren insgesamt 4 Piccolo-Flaschen Wein entgegenhalten.
Bevor aber falsche Gerüchte aufkommen: wir haben uns alle gut vertragen und man kann es in Bezug auf die fremden Mitreisenden sicher auch schlimmer treffen.
Nun stellte sich also die spannende Frage, wie in dieses vielleicht 9 Kubikmeter große Abteil (3 Meter hoch x 2 Meter lang x 1,5 Meter breit) tatsächlich 6 Betten hineinpassen sollen. Der (nette tschechische) Schaffner beantwortete sie uns. Wir (bzw. unsere Mitfahrer) signalisierten, dass doch jetzt Bettzeit sei und er bitte die Kabine umbauen solle.
Gesagt, getan – und des Rätsels Lösung war gefunden. Nur beziehen mussten wir die Betten selber, doch anschließend zeigten sich tatsächlich sechs nutzfertige Pritschen (denn der Begriff „Bett“ wäre im Komfort dann doch etwas zu hoch gegriffen).
Die Nacht
Mit dieser Umbauaktion verabschiedeten sich unsere 3 Mitreisenden zu Bett. Wir ließen ihnen soweit es ging Platz (haha) und machten es uns im Gang gemütlich (nochmal haha – beides erforderte ordentlich Gelenksport). Oder anders ausgedrückt: unsere 3 Bettgänger drehten und wendeten sich irgendwie in ihre Betten hinein während wir im Gang mit Weinchen ein Stehbankett veranstalteten – diese Version trifft es dann schon eher, denn Platz fehlte irgendwie an allen Ecken und Enden.
My Travelworld Tipp |
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Ein Einschlafbierchen oder ein Gute-Nacht-Wein kann im Nachtzug Gold Wert sein. :-) |
Einzig das Bett selbst, war gar nicht mal so miniaturmäßig – wenngleich auch furchtbar hart. Überraschenderweise konnte ich bei einer sehr ruhigen Zuglage während der Fahrt sogar volle acht Stunden schlafen, das hätte ich im Vorhinein niemals zu träumen gemocht. Hierbei zeigte sich auch der Vorteil unserer Betten in der 3. Etage, denn während unsere Kabinenteiler bereits nachts um 04:00 aufstehen und packen mussten, um den Zug pünktlich in Bratislava zu verlassen, hatten wir bis halb acht Zeit, da die Ankunft in Budapest erst um 08:00 geplant war. Insofern war die Bettenverteilung optimal. Wer also die Chance hat, mit seinen Mitreisenden die Bettenordnung festzulegen, sollte diese so wählen, dass die am längsten Fahrenden die oberen Liegen bekommen.
Geweckt wird übrigens vom Schaffner – man muss also keine Angst haben, dass man es verschläft.
My Travelworld Tipp |
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Nicht wundern, nach der Fahrkartenkontrolle sammelt der Schaffer die Tickets ein – und gibt sie erst am nächsten Morgen wieder zurück. Etwas ungewöhnlich, aber das scheint so die Regel zu sein. |
Das „Leben“ im Liegewagen: Gepäckablage, Sanitäreinrichtungen und Verpflegung
Bitte entschuldigt, wenn ich hier keine sinnvollere Zwischenüberschrift gefunden habe – aber ein wenig möchte ich natürlich auch noch um das Drumherum berichten. Dies ist vor allem wichtig, damit Ihr nicht völlig deplatziert mit Riesen-Hartschalenkoffer, Erwartungen eines 10qm-Bades und Hunger auf ein Gourmet-Menü im Nachtzug aufkreuzt.
Thema Gepäck: wir Ihr bereits an obigen Fotos gesehen habt, sind die Abteile nicht gerade riesig. Stauraum gibt es lediglich ein bisschen auf dem Fußboden unter den Betten sowie quasi im „Dach“ über den obersten Etagenbetten. Auch aus diesem Grund empfehle ich übrigens – sofern verhandelbar – die oberen Betten, da man hier deutlich bequemer seine sieben Sachen ausbreiten kann. Egal, wo das Gepäck verstaut werden soll, mit einem sperrigen Koffer seid Ihr definitiv fehl am Platze, denn auch außerhalb des Abteils gibt es im Gegensatz zu manchen ICE’s keine Abstellmöglichkeiten.
My Travelworld Tipp |
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Wenn möglich nur mit Rucksack oder Reisetasche Nachtzug fahren. Sperrige Hartschalenkoffer sind nahezu kaum zu verstauen. |
Thema Sanitäreinrichtungen: Zug-WC’s gehören gemeinhin nicht gerade zu den beliebtesten Räumlichkeiten des Menschen, sicher dicht gefolgt vom Bahnhofsklo. Sollte man sich hier ausgiebig vertun wollen, empfiehlt sich das am Anfang der Reise. Nach der Nacht sollte man sich hier nur noch auf das Nötigste beschränken, da die Sauberkeit des WC’s unter der häufigen Benutzung im Laufe der Fahrt doch ein wenig leidet.
Thema Verpflegung: Vornweg – das Bordbistro probierten wir nicht aus. Über Quali- und Quantität kann ich also nichts sagen, aber Gourmetmenüs sollte man sicher nicht erwarten. Wer also wählerisch ist, darf sich vor der Fahrt gerne noch einmal am nächstbesten Bahnhofsimbiss bedienen.
Was für mich jedoch etwas überraschend kam, war, dass es überhaupt eine (im Preis inkludierte) Minimalversorgung gab. Diese bestand aus einer 0,5l Flasche Wasser zu Beginn der Fahrt sowie einem Orangensaft, Croissant und Tee/Kaffee zum Frühstück. Zwar absolut nicht überragend, aber besser als nichts.
Ankunft in Budapest und Fazit
Nach dem oben angesprochenen Wecken durch den Schaffer und dem Mini-Frühstück sponsored by Deutsche Bahn tuckerten wir schließlich langsam aber sicher Budapest entgegen. Die 20 Minuten Verspätung störten uns nicht, schließlich lag eine überraschend geruhsame Nacht hinter uns, sodass wir ausgeschlafen einem schönen Sightseeing-Tag in der ungarischen Hauptstadt entgegen blickten. Dies war sicher auch der Hauptgrund, warum mein Fazit so positiv ausfällt: der gute Schlaf. Hinzu kamen unsere ruhige Liege im obersten Stockwerk, das nette Servicepersonal aka Schaffner und die akzeptablen Mitreisenden. Bei solch guten Voraussetzungen stört es kaum, dass man sich beim Umziehen eigentlich einen Krampf holen muss und man mit dem ausgiebigen Benutzen der sanitären Anlagen lieber bis zum Hotel wartet – welches dann in unserem Falle mit dem Royal Park Boutique Hotel auch nur 2 Gehminuten vom Bahnhof keleti pu (=Ostbahnhof) in Budapest entfernt war.
Wie sieht es bei Euch aus, seid Ihr schon einmal Nachtzug (Euronight / CityNightLine) gefahren? Wie sind Eure Erfahrungen damit? Ich freue mich auf Eure Kommentare.
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Ich bin Christian und liebe das Reisen genauso, wie darüber zu berichten - deswegen dieser Reiseblog. Ich habe nicht nur Tourismus studiert und mehr als 10 Jahre bei Reiseveranstaltern gearbeitet (gerne helfe ich Euch bei Eurer Reiseplanung), sondern auch knapp 10 Jahre in der Karibik gewohnt (Grenada & Dominikanische Republik) und bereits mehr als 90 Länder bereist.
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Hallo, der Bericht ist zwar schon alt, aber trotzdem voller Fehler:
1. Der EN Metropol von BERLIN nach BUDAPEST führt keinen Speisewagen oder Bistro…sollte man wissen.
2. Der Liegenwagen gehört der MAV und wird also von einem ungarischen Schlafwagenschaffner betreut.
3. Deine Preise sind Sparpreise gewesen, daher auch keine Auswahl der Plätze, am Schalter ist das sehr wohl möglich !
4. Die Abbildung des Zuges von Außen zeigt den Schlafwagen der CD und nicht den beschrieben Liegewagen der MAV, jetzt ja der Wagon Slovakia.
Bitte bei solchen Berichten nicht so oberflächlich !!!
Hallo Mirko,
besten Dank für deinen Kommentar.
Sollte ich hier für deine Kenntnisse oberflächlich gearbeitet haben, entschuldige ich mich dafür. Mir war nicht bewusst, dass ein Zug aus Wagen mehrerer Nationen bestehen kann.
Dennoch denke ich, dass der Bericht ein allgemeines und gutes Bild von einer Fahrt mit dem Euronight im Liegewagen gibt. Und auch wenn es an Bord kein Bistro gibt (meiner Meinung nach war eines vorhanden), so sind nach Auskunft der Website der Deutschen Bahn Imbiss und Getränke beim Schaffner erhältlich, sodass man nicht komplett verhungern muss. ;-)
Beste Grüße und allseits gute (Zug-)Fahrt
Christian
Keleti palyaudvár ist nicht der Hauptbahnhof, einen solchen hat Budapest nicht, sondern der Ostbahnhof.
Die geschilderten Eindrücke sind sehr interessant, vielen Dank. Das wiegt die sachlichen Fehler und Ungenauigkeiten auf.
Hallo Sven,
danke für deine Verständnis und die Info. Ich habe die Bezeichnung geändert und den Ostbahnhof ergänzt.
Der Artikel ist mittlerweile schon etwas angestaubt … es wird Zeit für neue Zugabenteuer in Europa. :-)
LG, Chris
Der Zug führte einige Jahre einen Speisewagen. Insofern stimmt Dein Bericht (von wann ist er eigentlich?), genauso wie aber auch der KOmmentar von Mirko. Leider wurde der Zug im Dez 2017 eingestellt. Danke trotzdem für diesen tollen Bericht!
Hallo Tobias,
danke für deinen Kommentar, schön, dass dir der Bericht gefällt. Er hat auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel, ist von 2012. ;-)
Lg, Chris